Aicha Seddiki
„Der Bedarf der muslimischen Seelsorge ist äußerst wichtig und ich bin froh darüber ein Teil davon zu sein. Ich denke viele muslimische Patienten gerade aus den Krisengebieten(Syrien) haben Schwierigkeiten sich ausdrücklich zu artikulieren. Sie können ihre Anliegen weder den Ärzten noch den Pflegern richtig vermitteln und schweigen deshalb lieber bevor sie etwas sagen. Ich kann durch meine Sprachkenntnisse, die Bedürfnisse der Patienten an die Ärzte weiterleiten. Gleichzeitig können die Patienten mit mir auf arabisch ihre Sorgen mitteilen, ohne Schwierigkeiten dabei zu haben.
Aber auch der muslimische Background, den ich mitbringe, lässt mich gewisse Dinge einfacher verstehen, die teilweise von den Patienten erzählt werden. Ich habe insgesamt nur positive Erfahrungen machen können, die Patienten haben sich immer auf ein Wiedersehen gefreut und waren äußerst glücklich darüber, dass es die Möglichkeit gibt eine muslimische Seelsorge zu kontaktieren. Mich selbst macht es auch glücklich, wenn ich anderen Menschen ein offenes Ohr schenken kann und ihnen die Aufmerksamkeit geben kann die sie sich erhoffen.“
Gefängnis- und Krankenhausseelsorgerin
Universitätsklinikum Freiburg
Nazan Zorbulut
„Am Anfang meiner Ausbildung war mir nicht klar wie Umfangreich die Seelsorge ist. Denn vor allem die islamische Seelsorge geht weit über den Krankenbesuch hinweg. Nach mittlerweile über 50 Jahre die wir Muslime hier in Deutschland leben, denkt man das man sich kennt. Doch in der Praxis, vor allem wenn es eben um elementares wie Krankheit, Tod, Gesundheits- und Jenseitsverständnis geht kennt die vorwiegende Deutsche Gesellschaft die Muslime nicht. Umso wichtiger sind hier islamische Seelsorger die zwar hauptsächlich betreuen und begleiten, aber auch Brückenfunktion haben für das Verständnis gegenseitig. Wenn wir in Deutschland als Multikulturelles Land eine Gemeinsamkeit wollen, finde ich deshalb die islamische Seelsorge für eine unumgängliche Sache. Mit viel Fleiß, Unermüdlicher Geduld und ganz viel Enthusiasmus und Vertrauen in die Sache hat uns das Mannheimer Institut bis jetzt geleitet und die islamische Seelsorge auf die Beine gestellt. Es ist für mich persönlich eine riesige Bereicherung und ich danke dafür, dass ich ein Teil dieser so wichtigen Angelegenheit bin. Noch gibt es vieles was zu tun gibt und wir stehen nicht ganz am Anfang. Aber ich bin mir sicher, dass die islamische Seelsorge ihren festen Platz in der Deutschen Gesellschaft haben wird.“
Krankenhausseelsorgerin
Ortenau Klinikum Lahr-Ettenheim
Nebahat Delalic
„Als ausgebildete islamische Seelsorgerin besuche ich einmal wöchentlich die Menschen, die aufgrund ihrer Krankheit oder Beschwerden im Diakonissenkrankenhaus stationiert sind. Zu Beginn eines Besuches stelle ich mich vor und biete ein Gespräch an. Durch meine kulturellen, sprachlichen und traditionellen Kenntnisse empfinden die Patienten eine gewisse Nähe und können leichter Vertrauen schenken. Sie klagen über allgemeine Probleme und manchmal kommen religiöse Themen vor. Bedrückte Patienten werden motiviert über angenehme Erfahrungen, wie z.B. Hobbies oder schöne Erinnerungen zu erzählen. Dadurch sind sie, zumindest für eine kurze Zeit, abgelenkt.
Gelegentlich kommt es vor, dass ich als Brücke zwischen Patienten und dem Personal diene. Meistens geht es um die Erklärung der Medikamenteneinnahme. Viele haben einen sehr hohen Gesprächsbedarf, ich sitze geduldig und versuche zuzuhören. Nicht selten ist es so, dass der Patient seine Situation zugespitzt erlebt. Bei einem der Besuche traf ich eine alleinerziehende Mutter kurz vor ihrer Operation. Sie hatte so viel Angst davor, was mit ihren „Babys“ passiert, falls sie während dem Eingriff stirbt. So nannte sie ihre Kinder, die in Wirklichkeit längst keine Babys mehr waren. Ihr jüngstes Kind war schon 16, und es handelte sich bei ihr um eine Gebärmutterausschabung. Nach einfühlsamer Begleitung und liebevoller Zuwendung war die Patientin bereit, ihre Sorgen, Bedürfnisse und Wünsche auszusprechen, sie wahrzunehmen, sich offen mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen und neue Handlungsmöglichkeiten für sich zu sehen. Sie war sehr dankbar, dass ihr jemand in dieser schweren Situation Aufmerksamkeit und Gehör schenkte.Zunehmend sind ältere Leute zu finden, die sich nach menschlicher Gemeinschaft sehnen und Sich über einem solchen Besuch sichtlich freuen. Besonders diese Gruppe von Patienten beschenkt mich reichlich mit vielen kleinen Bittgebeten, sodass es mir auch sehr gut tut und mich bei meiner Arbeit motiviert. Sicherlich ist die Seelsorge ein Geben und Nehmen.”
Krankenhausseelsorgerin
Diakonissenkrankenhaus Mannheim
Nermina Zolj-Sabanovic
„…Als typisches Gastarbeiterkind bin ich in Stuttgart geboren und aufgewachsen, meine Wurzeln sind in Bosnien-Herzegowina. Nach meiner Ausbildung zur Bürokauffrau und langjähriger Tätigkeit im Personal, habe ich eine Ausbildung zur Arbeitspädagogin gemacht und arbeite seitdem mit Menschen mit psychischen Erkrankungen und Problemen. Die Motivation an der Ausbildung zur Seelsorgerin teilzunehmen, kam durch eine einschneidende Selbsterfahrung: 2018 hatte ich ein lebensbedrohliches Hirn-Aneurysma, (Not-OP und eine Nahtoderfahrung eingeschlossen) und sah mich zum ersten Mal direkt mit dem Tod konfrontiert. In der darauf folgenden Zeit der Genesung erlebte ich an mir selber, wie wichtig Trost und Zuspruch sind und wie gut es ist, dass jemand da ist, der zuhört und mit dem man die Last und Angst teilen kann. Aus diesem Grund entschloss ich mich zur Ausbildung am Mannheimer Institut. Die Ausbildung empfinde ich auf jeder Ebene als Bereicherung: Fachlich habe ich viel dazu gelernt und interessante, engagierte Menschen kennengelernt.
Die Seelsorge und die Trauerbegleitung erfüllen gerade in unserer schnelllebigen Zeit und Gesellschaft einen wichtigen Zweck, weswegen ich die Arbeit des Mannheimer Instituts sehr wertschätze und dankbar dafür bin, nach Abschluss der Ausbildung meinen Teil dazu beitragen zu können.”
Krankenhausseelsorgerin
Robert-Bosch Krankenhaus Stuttgart
Halime Kahraman
„Die Anzahl der muslimischen Patienten hat sich in Kliniken erheblich vergrößert. Im Klinikum Ludwigsburg ist die Anzahl der muslimischen Patienten auf Stationen auch täglich gestiegen. So kann ich sicherlich behaupten, dass ich auf jeder Station mindesten 2-3 muslimische Patient*innen, sogar in manchen viel mehr, begegnen würde. Zum Beispiel in der Frauen- und Kleinkindabteilung sind auch oft junge Flüchtlingsmütter, oder Frauen, die gynäkologisch behandelt werden. Auf den Intensivstationen sind immer einige muslimische Patient*innen, wo die Angehörigen auf Trost und Beistand angewiesen sind. Auf Palliativstationen habe ich in den letzten Jahren viele Krebskranke betreut und erfahren, dass diese Patienten am meisten Trost und Unterstützung benötigen.
Seelsorge mit islamischem Hintergrund und kulturellen Vorkenntnissen wird sowohl von den Patienten als auch deren Angehörigen sehr hochgeschätzt. Da die institutionelle Seelsorge bei der muslimischen Gesellschaft noch nicht ganz bekannt ist, musste ich Mühe und Geduld mitbringen und oft das seelsorgerische Versorgen im islamischen Kontext erklären. Die Patienten oder Angehörigen begrüßen mich bei der zweiten Begegnung mit vollem Vertrauen, Gelassenheit und Hoffnung. Das Pflegepersonal hatte am Anfang sehr vorsichtig auf meine Anwesenheit reagiert. Aber in einigen Stationen, wo die seelsorgerische Unterstützung für die muslimischen Patienten und Angehörigen große Bedeutung aufweist, wurde und werde ich immer noch zügig eingeladen, kontaktiert und über die wichtigen Fragen der Patienten informiert. Meine Kollegen von der christlichen Seelsorge hießen mich sehr herzlich willkommen. Es besteht im Klinikum eine interreligiöse und interkulturelle Dialoggruppe, in der ich auch ein Mitglied bin. Wir treffen uns regelmäßig und tauschen Infos oder Erfahrungen aus, indem wir uns um Konflikte oder Verbesserung der Qualität kümmern. Ich erfahre die christlichen Seelsorgern als freundlich, hilfsbereit und habe die Hoffnung, dass wir in Zukunft eine gute Zusammenarbeit leisten können.”
Krankenhausseelsorgerin
Klinikum Stuttgart
Isabel Gürel
„Seit Jahren schon hing der Flyer der islamischen Seelsorge an meiner Pinnwand in der Küche. Ich wartete geduldig, bis die Kinder alt genug waren und ich endlich meinem lang gehegten Wunsch nachgehen konnte und islamische Seelsorgerin werden. Ich wollte lernen, wie ich richtig trösten kann, wie man in schlimmen Krisen den Mut nicht verliert und Halt sowohl finden als auch geben kann. Früher oder später werden wir alle geprüft mit Krankheit, Tod und anderen schweren Schicksalsschlägen. Das war mir bewusst. Mit der Ausbildung zur islamischen Seelsorgerin begann ich völlig ahnungslos erst einmal eine Reise zu mir selbst. Ertstaunt lernte ich mich selbst kennen, entdeckte ungeahnte Stärken und Schwächen in mir. Denn um anderen in schweren Momenten und Situationen beistehen zu können, muss man selbst gefestigt sein. Dozenten referierten über verschiedene Themen, es war interessant zu erfahren, dass es darüber hinaus auch immer unterschiedliche Ansichten gibt, Toleranz ist im Islam immer zu allen Zeiten wichtig gewesen und ist es erst recht in der Seelsorge.
Schließlich hat man mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun, Muslime aus anderen Ländern, die anderen Rechtsschulen folgen, Muslime, die nicht praktizieren. Am spannendsten fand ich, wie die Psychologie und der Islam zueinander passen. Es war höchst erstaunlich und äußerst lehrreich. SubhanaALLAH! Zusammenfassend kann ich sagen, dass diese Ausbildung unglaublich bereichernd war, den Horizont erweiternd.”
Krankenhausseelsorgerin
Zeynel Zorbulut
„Nach meiner Ausbildung zur islamischen Seelsorge, die ich am Mannheimer Institut gemacht habe, habe ich vieles ganz anders wahrgenommen. Das islamische Menschenbild das ich hatte, hat sich um vieles erweitert. Der Umgang mit den Mitmenschen, der Umgebung, der Umwelt ist viel bewusster und sensibler geworden. Ich habe immer in meinem Leben versucht, in der Gesellschaft aktiv zu sein und zu helfen. Doch habe ich mit der Ausbildung gelernt, dass man mit gezieltem Wissen auch gezielter und effektiver helfen kann. Dies war auch der Ansporn für mich mein Masterstudium an der Uni Tübingen, im Bereich der Seelsorge aufzunehmen und zu machen. Außerdem haben wir durch das Mannheimer Institut immer einen starken Entsender hinter uns, der uns in unserer Arbeit als islamische Seelsorger unterstützt und uns die Möglichkeiten gegeben hat in Einrichtungen tätig zu werden. Mit viel Mühe und Fleiß wurde hier Pionierarbeit geleistet. Nach der Grundausbildung habe ich noch weitere Fortbildungen beim Mannheimer Institut abgeschlossen, wodurch ich auch in den JVA´s Dienst mache.
Den Menschen Hoffnung und den Willen zu geben neu anfangen zu können, ist eine Erfahrung die sehr einschneidend für mich ist. All dies gibt Hoffnung und Ansporn, dass es hoffentlich bald flächendeckend die islamische Seelsorge in ganz Deutschland gibt. Denn der Bedarf ist groß und es gibt noch ganz viele Bereiche die noch unberührt auf die islamische Seelsorge warten.”
Gefängnis- und Krankenhausseelsorger
Ortenau Klinikum Lahr-Ettenheim
Salima Schmitt-Hiba
„Als 2016 beim Mannheimer Institut nochmal eine Ausbildung zur Krankenhausseelsorge angeboten wurde, habe ich in Mannheim diese Ausbildung absolviert. Es war eine schöne, aber auch stressige und intensive Zeit. Die einzelnen Module waren sehr umfassend und tiefgehend; sie beinhalteten verschiedene Arbeitsgebiete, angefangen z. B. von der Organisation der Krankenhäuser über islamische Theologie, bis zu psychologischen Themen. Die Referenten waren äusserst kompetente Fachleute, so dass der Unterricht sehr anspruchsvoll dargeboten wurde. Seit 2017 bin ich ehrenamtlich im Städtischen Klinikum Karlsruhe tätig. Ich werde von Herrn Hug, dem Pflegedirektor, sehr unterstützt und auch der Kontakt mit den christlichen Seelsorgern und der Verwaltung ist gut. 1-2 mal im Jahr gibt es gemeinsame Treffen und Besprechungen.
Der Begriff „Seelsorge“ ist im islamischen Kontext nicht an eine Institution oder an ein Amt, wie das In christlicher Tradition z. B. der Pfarrer innehat, gebunden. Ein Imam oder ein Hodscha hat keine seelsorgerische oder psychologische Ausbildung. Jedoch ist jeder Muslim durch Stellen im Koran und durch Aussagen des Propheten Muhammad aufgefordert, für sich und seine Mitmenschen zu sorgen und sich verantwortlich zu fühlen. Diese Fürsorge wurde meist durch die Familie oder durch andere gewachsene Gemeinschaftsstrukturen gewährleistet. Dadurch, dass sich auch im muslimischen Lebensbereich die familiären Strukturen veränderten, die Familienmitglieder sich individualisierten, mussten andere Angebote zur Hilfeleistung entstehen. Die neue Generation der Imame wird in ihrer Ausbildung auch mit der Psyche des Menschen und mit der Arbeit in der Seelsorge bekannt gemacht und geschult. Was wir Seelsorger immer vor Augen haben müssen ist: Wir sind Seelsorger, keine Psychologen, keine Ärzte, keine Imame und keine Theologen. Wir führen Gespräche, begleiten und vermitteln. Wenn ein Patient mehr als Seelsorge braucht, sind wir verantwortungsvoll genug, uns an die Fachleute zu wenden. Es geht immer um das Wohl und Wollen des Patienten, nicht um unser eigenes.Inshallah, so Gott will, wird unsere Arbeit in der Seelsorge Erfolg haben und wir können viel Gutes für Kranke und Sterbende tun, dass ihnen ihre Lage und ihr Zustand erleichtert wird.“
Krankenhausseelsorgerin
Städtisches Klinikum Karlsruhe